Kreisfeuerwehrverband
Frankfurt am Main 1869 e.V.

„Unser Ziel heißt Innovation!“

Von der Luftrakete zum Aqua-Riwa

Vier Frankfurter Feuerwehrchefs und ihre tollen Erfindungen für effektivere Einsätze

Der Frankfurter Feuerwehrchef Reinhard Ries hat beim jüngsten Hochwasser im Januar mit dem erstmaligen Einsatz von Schutzdämmen aus Plastik-Zylindern für Schlagzeilen gesorgt. Mit dieser Erfindung setzt Ries eine lange Erfolgsgeschichte Frankfurter Feuerwehr-Innovationen fort.

Frankfurt. Die Eröffnung des Eiffelturms war im Jahre 1889 bei der Internationalen Weltausstellung in Paris das spektakulärste Ereignis. Zu Füßen des 300 Meter hohen Stahlgiganten waren bemerkenswerte Erfindungen zu bestaunen. Mehr als 60 000 Aussteller waren vom 6. Mai bis zum 31. Oktober 1889 in die französische Hauptstadt gereist, darunter auch eine Delegation der Frankfurter Feuerwehr: Deren Chef Richard Schapler hatte soeben eine Leiter erfunden, die erstmals mechanisch (mit Druckluft) ausgefahren wurde – eine Weltsensation!

Schapler (1849-1924) ist einer von drei Vorgängern von Reinhard Ries, die wir an dieser Stelle exemplarisch für eine ganze Reihe erfinderischer Frankfurter Feuerwehrmänner porträtieren wollen. Der zweite ist Schaplers Nachfolger im Amt, Johannes Schänker. Dem dritten ist der exzellente Ruf zu verdanken, den die Frankfurter Berufsfeuerwehr heute in aller Welt besitzt: Ernst Achilles.

Schaplers Druckluft-Leiter bedeutete einen enormen Zeitgewinn im Vergleich zu der bis dahin angewandten mühsamen Methode. Die Leitern wurden damals noch per Seilwinde mit der Hand ausgefahren. Die Erfindung vom Main machte an der Seine als «Frankfurter Luftrakete» Furore. Von Paris aus trat sie als «Schapler-Leiter» ihren Siegeszug durch Europa an und wurde u. a. von den Feuerwehren in Berlin, Stockholm und Wien eingesetzt.

Ihr Erfinder hatte im Amt weniger Erfolg. Aus verschiedenen Gründen wurden gegen Schapler Disziplinarverfahren eingeleitet, schließlich wurde er am 2. März 1906 aus dem Dienst entlassen. Auch mit einer eigenen Firma in Langen – sie produzierte Beton- und Kunststeine – scheitere er und musste 1920 den Offenbarungseid leisten.

Johannes Schänker

Schaplers Nachfolger als Feuerwehrchef, Johannes Schänker (1866-1950), «war zweifelsohne der innovativste und umtriebigste aller Frankfurter Branddirektoren», sagt Ralf Keine, Leiter des Feuerwehrgeschichts- und Museumsvereins Frankfurt». Als Schänker am 15. Juli 1906 seinen Dienst als Frankfurter Feuerwehrchef antrat, war er in Deutschland bereits ein bekannter Brandbekämpfer. In seiner 25-jährigen Amtszeit in Frankfurt hat er eine ganze Reihe von Erfindungen in die Brandbekämpfung eingeführt und auch erreicht, dass die Frankfurter Berufsfeuerwehr bereits 1914 als erste in Deutschland voll motorisiert war. Viele der eingesetzten Fahrzeuge wurden damals von den Adlerwerken im Gallus gebaut.

Die wohl herausragendste Erfindung Schänkers dürfte die Feuerlöschkreiselpumpe gewesen sein, die vom Fahrzeugmotor aus betrieben wurde. Bis dahin waren Dampfspritzen verwendet worden, deren Kohlepumpen ständig für Druckstöße sorgten und dadurch die empfindlichen Hanfschläuche zerstörten. Schänker führte auch die Motorisierung der Feuerwehrfahrzeuge mit Benzinmotoren ein. Ralf Keine: «Nicht wenige der deutschen Branddirektoren hielten es damals für einen Irrsinn, mit Benzin im Tank an eine Brandstelle zu fahren.» Schänker erfand auch eine Art frühen Feuerlöscher und experimentierte u. a. mit Löschpulver, Schaum und Kohlendioxid zur Brandbekämpfung.

Ernst Achilles

Auf ganz anderen Experimentierfeldern war Ernst Achilles (1929-1999) zu Hause. Wegen seiner immensen Erfahrung in der Brandbekämpfung war er bei internationalen Katastrophen als Retter in Not gefragt. Wenn keiner mehr weiter wusste: Achilles hatte die zündene Idee! Und so war er als Berater in Russland ebenso gefragt wie in Brasilien.

Revolutioniert hat er die Organisation der Berufsfeuerwehr und des Rettungswesens durch die Einführung hochmoderner Einsatzzentralen. Aber auch für die Sicherheit der Wehrmänner hat er einiges getan. So hat er einen Feuerwehrhelm entwickelt, der allerhöchsten Ansprüchen genügte.

Das dürfte auch bei Erfindungen von Achilles für die moderne Brandbekämpfung der Fall sein. In die Praxis wurden aber zum Beispiel seine Löschraketen für den Einsatz bei Flugzeugbränden nie umgesetzt. Immerhin wurde ein für die Raketen entwickeltes Löschmittel 1986 bei der jetzt wieder überaus aktuellen Reaktorkatastrophe in Tschernobyl eingesetzt.

Auch seine Pläne für ein Großlöschfahrzeug, das einen kleinen Roboter-Löschpanzer mitführt, wurden nie realisiert. Das kleine Kettenfahrzeug sollte ferngesteuert an brennende Objekte heranfahren und Löschaktionen einleiten. Die Konstruktion des «ferngesteuerten Geräteträgers» wurde zum Teil patentrechtlich geschützt.

Die Stadt Frankfurt hat ihren bedeutendsten Feuerwehrchef mit der Benennung eines Platzes im Ostend geehrt: Auf dem Ernst-Achilles-Platz stand früher die Hauptfeuerwache.

Idee von Vater Ries

Bleibt Reinhard Ries. Wie berichtet, hat der Vater des aktuellen Feuerwehrchefs, der ebenfalls Reinhard heißt, gemeinsam mit dessen Freund und Unternehmer Georg Walger das Zylinder-Dammsystem erfunden. Der Sohn hat es jetzt mit Erfolg in die Praxis umgesetzt. «Aqua-Riwa» heißt der Schutzdamm und würdigt damit die beiden Erfinder Ries und Walger. Die Chancen stehen gut, dass der Wasser-Zylinder ebenso seinen Siegeszug durch die Welt antritt wie 1889 die «Luftrakete» von Richard Schapler. (wa)