Kreisfeuerwehrverband
Frankfurt am Main 1869 e.V.

„Unser Ziel heißt Innovation!“

Blaulicht-Navi macht die Retter noch schneller

Erstmals in deutscher Metropole digitaler Lotse für die Feuerwehr

Daniel Perrot von der Berufsfeuerwehr führt das neue Blaulicht-Navi vor. Es leitet die Retter bis zu 50 Prozent schneller durch die Stadt. Die Branddirektion reagiert mit der digitalen Lösung auf die Verkehrswende und immer mehr Baustellen. FOTO: Rainer RüfferFrankfurt  Mit einer eigenen Blaulicht-Navigation sollen Rettungsdienst und Feuerwehr in Frankfurt schneller zum Einsatzort gelangen. Das Spezial-Navi ist seit einigen Tagen im Testbetrieb. Mit dem Blaulicht-Navi reagiert die Feuerwehr auf zunehmenden Probleme auf den Straßen - und ist damit bundesweiter Vorreiter.

Zwar geht die Zahl der Staus zurück, erinnert Mobilitätsdezernent Wolfgang Siefert (Grüne), obwohl die Stadt wachse und die Mobilitätsbedürfnisse der Einwohner zunähmen. Doch machen immer mehr Baustellen und die Straßenumbauten das Durchkommen komplizierter, etwa wenn Fahrspuren zu abgepollerten Radspuren umgewandelt oder Durchfahrten gesperrt werden wie im Oeder oder im Kettenhofweg.

„Wir haben ein Problem bei der Transformation der Infrastruktur“, sagt Markus Röck, Vizechef der Branddirektion. Die Verkehrswende sei politisch gewollt, „wir müssen damit umgehen“, erklärt Feuerwehr-Verkehrskoordinator Jan-Steffen Hoffmann. Grundsätzlich sei es im Sinn der Feuerwehr, sagt Röck, wenn weniger Verkehr schnelleres Vorankommen der Retter ermögliche.

Fahrzeit um bis zu 50 Prozent reduziert

Durch das Dickicht an kurz- und langfristigen Straßensperrungen, Baustellen, umgebauten Straßen und Linksabbiegeverboten werden die Rettungskräfte künftig mit dem Blaulicht-Navi gelotst. Das hat das Team um Projektleiter Sven Dunkel binnen 18 Monaten auf Basis eines einfacheren Vorgängers aus Wuppertal entwickelt. Mit einem Klick aufs Blaulichtsymbol kann der Fahrer von der Standard-Routenführung auf „volle Freiheit“ für die Einsatzfahrt umschalten: Dann geht es etwa gegen Abbiegeverbote nach links - was es in Frankfurt oft gibt -, die Fahrt führt über Bus- und Kombispuren, Radwege, Wendemöglichkeiten und gegen Einbahnstraßen. Bisher gibt es in den Fahrzeugen nur normale Navis. „Die halten sich an alle Verkehrsregeln“, sagt Dunkel. Die gelten bei Notfallfahrten nicht.

Ergebnis: Die kurze Fahrt von der Feuerwache 1 in Eckenheim zur nahen BGU-Unfallklinik rast der Rettungswagen per Blaulicht-Navi 45 Sekunden schneller als per Standard-Navigation. Es geht von der Homburger auf die Friedberger Landstraße trotz Verbots nach links und über die Tram-Trasse - statt den weiten Bogen via Gießener Straße zu fahren. 1,8 statt 3,3 Kilometer. Dunkel: „Im Notfall zählt jede Sekunde.“

Das Blaulicht-Navi verkürzt Fahrzeit um bis zu 50 Prozent, sagt der Projektleiter. Seit einigen Tagen ist es in einem Rettungswagen und einem Einsatzleitfahrzeug der Berufsfeuerwehr im Probebetrieb. „Die Resonanz ist sehr positiv.“ Vor allem soll es bei den Einsatzkräften den Stress bei der Routensuche reduzieren. Die Leitstelle spielt das Fahrziel via Funk direkt ins Navi ein. Die Fahrtroute sei aber nicht verbindlich, der Maschinist entscheide weiter nach Erfahrung, betont Dunkel.

Bis Jahresende soll das Blaulicht-Navi in allen 80 Rettungswagen und 2025 in den 60 Fahrzeugen der Berufsfeuerwehr genutzt werden. Soll will die Feuerwehr die Hilfsfrist besser erreichen, die die Stadtverordneten verlangen: Bei 95 Prozent aller Einsätze soll sie binnen fünf Minuten an jeder bebauten Stelle im Stadtgebiet sein. Zuletzt ging es schon aufwärts, weil die Feuerwehr nun bei Straßenumbauten und Baustellen stets mitspricht, bis hin zum Veto. Die Hilfsfrist-Quote stieg so von 78,4 Prozent im Jahr 2022 über 81,6 Prozent im vorigen auf 83 Prozent in diesem Jahr an.

Weitere Besonderheit des Blaulicht-Navi: Die Feuerwehr selbst kann Änderungen mit wenigen Klicks einfügen, binnen Sekunden sind sie in allen Einsatzfahrzeugen hinterlegt. Die aktuelle Verkehrslage wollen die Entwickler noch integrieren, auch die Daten des Straßenverkehrsamts zu den 7000 Baustellen pro Jahr. Das Blaulicht-Navi sei „ein smarter Baustein, um die Mobilität der Feuerwehr zu erhöhen und das Vorankommen der Verkehrswende zu ermöglichen“, lobt Dezernent Siefert die Innovation.

Das Blaulicht-Navi schont auch die Stadtkasse: Bloß 140 Euro pro Fahrzeug und Jahr kostet es. Ohne die digitale Lösung müsste die Feuerwehr mit weiteren Rettungswachen aufs langsamere Vorankommen der Retter reagieren. Baukosten ab jeweils 20 Millionen Euro aufwärts. Plus Personalkosten. Dennis Pfeiffer-Goldmann


KOMMENTAR

Endlich wieder Vorfahrt für die Sicherheit

VON DENNIS PFEIFFER-GOLDMANN

Das Blaulicht-Navi der Berufsfeuerwehr hat großen Nutzen für jeden Frankfurter. Es erleichtert ungemein zu wissen, dass die Helfer nun weniger vom Chaos auf der Gass’ betroffen sind. Das Chaos ist zwar weniger groß, als es mancher Fundamentalgegner der Verkehrswende aufbauscht. Trotz mehr Einwohnern und mehr Autos kommen heute Einwohner in Autos schneller durch die Stadt als vor 10, 30, 50 Jahren. Und doch waren Verkehrspolitik und -verwaltung zu forsch unterwegs. Wenn Feuerwehr und Rettungsdienst in den Stau gedrängt werden, weil Fahrradspuren entstehen, schießt der ideologische Umbau der Straßen übers Ziel hinaus. Das mag keine Absicht gewesen sein. Es muss die Römer-Politiker aber zu umsichtigerem, maßvollerem Vorgehen mahnen. Ihnen hilft die Branddirektion mit dem Blaulicht-Navi aus der Patsche. Wie gut, dass die Damen und Herren in dunkelblau auch in unruhigen Zeiten kühlen Kopf bewahren. Es vermittelt jedem Frankfurter ein gutes Gefühl, wenn Sicherheit wieder Vorfahrt hat. Denn wenn der Herzschlag aussetzt oder Flammen in der Küche lodern, sind Politik und Verkehrswende irrelevant.