Die "alte Dame" legte zum letzten Mal ab...
Höchst. - Verabschiedung des Feuerlöschbootes „Hoechst“ der Werkfeuerwehr Infraserv im Frankfurter Stadtteil Höchst. Das langjährige Feuerlöschboot gehörte viele Jahre zum Bild des ehemaligen Stammwerkes der weltbekannten "Hoechst AG". Bei Interesse und einem entsprechenden Verwendungsnachweis können gerne weitere Fotos von der Veranstaltung oder auch historische Bilder des Bootes zur Verfügung gestellt werden.
Ralf Keine
Feuerwehrgeschichts- und Museumsverein Frankfurt am Main e.V.
Offizieller Pressedienst des FGMV:
Vor dem Schneidbrenner gerettet
Höchster Löschboot künftig in norddeutschem Feuerwehrmuseum
„Die Anfrage hatte meinen Puls hochgetrieben und mir eine schlaflose Nacht bereitet“, berichtet Hauptbrandmeister Ralf Keine, nebenberuflicher Leiter des Museums der Frankfurter Feuerwehr. Vor einigen Wochen fragte die Werkfeuerwehr des Industrieparks bei ihm an, ob das Museum nicht das Feuerlöschboot der Höchster in seinen Museumsbestand aufnehmen könnte. Das knapp 20 Meter lange rot lackierte Wasserfahrzeug war 1961 von der Maschinenfabrik und Schiffswerft Ginsheim-Gustavsburg für die Werkfeuerwehr der damaligen Farbwerke Hoechst AG gebaut und 1962 in Dienst gestellt worden. Die „Hoechst“ war damals das modernste Feuerlöschboot auf Rhein und Main. Anfang 2021 musste der knapp 60 Jahre alte schwimmende Oldtimer wegen zahlreicher „TÜV-Mängel“ kurzfristig außer Dienst gestellt werden. Ihm drohte der Verkauf nach Holland oder gar die Verschrottung, was die Kollegen der Werkfeuerwehr ihrem jahrzehntelang treu dienenden Löschgerät unbedingt ersparen wollen! Nächster folgerichtiger Schritt der Höchster: Anfrage beim Museum der Frankfurter Feuerwehr, dass seit letztem Jahr zwei Stadtteile weiter, in Griesheim, auch fast unmittelbar am Main gelegen ist - übrigens auch in einer Feuerwache der ehemaligen Hoechst AG.
Museumsleiter Keine dazu: „Die Sache war mir buchstäblich zu groß und ich habe erst einmal die Amtsleitung mit „ins Boot“ geholt.“ Schnell war jedoch klar, dass ein Erhalt in Griesheim leider nicht möglich sein würde. Es steht hierfür keine Außenfläche zur Verfügung und zum Erhalt des Großobjektes wäre der Museumsverein als Förderverein des Museums mit seinen vergleichsweise bescheidenen Finanzmitteln nicht in der Lage.
Doch die Aussicht auf eine mögliche Verschrottung dieses technischen Denkmals ließ Keine nicht ruhen! Er aktivierte sein Netzwerk in der Arbeitsgemeinschaft der Feuerwehrmuseen (AGFM) und bekam vom Leiter des Deutschen Feuerwehrmuseums in Fulda, Rolf Schamberger, den Tipp, dass der Mäzen des Feuerwehrmuseum in Norderstedt bei Hamburg ein Feuerlöschboot für das Museum suche. Dieses norddeutsche Feuerwehrmuseum ist Ralf Keine bestens bekannt. Es ist ein außergewöhnlich großes und schönes Feuerwehrmuseum, dem es wegen seines Sponsors, eines gut betuchten Unternehmers, finanziell an nichts fehlt. Also versuchte Ralf Keine Kontakt aufzunehmen. Fehlanzeige. Wegen Corona ist das Museum geschlossen und das Personal in Kurzarbeit geschickt. Niemand erreichbar! Nach zweitägiger Detektivarbeit und etliche Telefongespräche und Mails später war Keine doch am Ziel: Er konnte den Finanzier des Museums über die Dringlichkeit der Rettung des Höchster Feuerlöschbootes informieren und dieser nahm seinerseits umgehend Kontakt mit der Werkfeuerwehr der Infraserv auf. Bereits wenige Tage später erfolgte die erste Besichtigung vor Ort am Main und die Zusage der Übernahme!
Am Montag, 10. Mai 2021, war es dann tatsächlich so weit. Die Werkfeuerwehr Infraserv hatte am Werkshafen fast ihren gesamten Fuhrpark aufgestellt, das Feuerlöschboot der Berufsfeuerwehr war ebenfalls zum letzten Gruß erschienen. Einheitlich mit roten Hemden bekleidet war die mehrköpfige Delegation des Feuerwehrmuseums in Norderstedt bereit, das Boot in einer neuntägigen Überführungsfahrt nach Hamburg zu bringen. Dort wird die „Hoechst“ für eine gewisse Zeit im Museumshafen an der Elbphilharmonie liegen, bis im Norderstedter Museum die Aufnahmevorrichtung für das Boot gebaut ist. Dann wird es mit einem Kran aus dem Wasser gehoben und mittels Schwertransport – es müssen sogar Straßen gesperrt werden – in Hamburgs nördliche Nachbarstadt gebracht. Dort soll es, bevor es den Besuchern gezeigt wird, noch gründlich saniert werden. Die Schleswig-Holsteiner Gäste versprachen den Höchstern mit einem Augenzwinkern: „Wenn Norderstedt in 30 Jahren Hafenstadt wird, dann schwimmt das Ding noch!“
Am Rande der Veranstaltung stellte die Werkfeuerwehr auch die Pläne für ihr neues, kleineres Löschboot vor, das vermutlich gegen Ende des Jahres ausgeliefert werden soll.
Fotos: Copyright FGMV e.V. im KFV FFM. 2021